Trainerteam beim Klub der Freunde

Gemessen am Unmut der Anhänger über die ausweglose Tabellensituation (siehe auch Beitrag Entspannt Euch!), erlebten wir eine außergewöhnlich informative und aufmunternde Mitgliederversammlung beim Klub der Freunde des S.C. Rapid.

Die Gäste

Robert Racic brachte uns Fredy Bickel, Damir Canadi und Helge Payer.
vlnr: Clemens Bachmayer, Robert Racic, Damir Canadi, Gerhard Niederhuber, Helge Payer, Fredy Bickel
Gut besuchte Mitgliederversammlung am 27.2.

Herzliche Begrüßung

Elfriede Gager (Mutter des gleichnamigen Trainers in Mannsdorf) begrüßte Damir wie ihren Sohn. Kein Wunder, denn alle diese Jung-Trainer sind etwa im selben Alter und ihre Familien kennen einander sehr gut.
Elfriede Gager, Damir Canadi

Die Wechsel

In unseren „Breiten“, also auf den Zuschauerrängen, meint man oft zu wissen, dass man diesen oder jenen Spieler auszutauschen habe, dass dieser oder jener Spieler bei Rapid nichts verloren hätte. Aber das sind keine Kategorien, mit denen der Trainer arbeitet. Sein Handlungsspielraum für die Auswahl der Akteure ist uns bekannt. Und wenn eine Elf auf das Feld geschickt wird, dann hat sie volles Vertrauen des Trainers. Auswechslungen finden ausschließlich 1:1 positionsrichtig statt. Auf der Bank sitzen daher immer zwei Abwehrspieler, zwei Mittelfeldspieler und zwei Stürmer, um für Eventualitäten gerüstet zu sein. Ein Wechsel soll eventuell neue Impulse setzen, hat aber nichts mit einer „Bestrafung“ zu tun.

Die Rolle von Steffen Hofmann

Steffen ist in einem Alter, in dem er nicht mehr spielentscheidend mitwirken kann. Daher verlagert sich seine Rolle mehr zum Coach der jungen Spieler, denen er hinter den Kulissen mit Rat und Tat zur Seite steht.

Wir, Fußballtrainer

Während niemand von uns auf die Idee käme, etwa einem Installateur gute Ratschläge zu geben, welche Komponenten er beim Anschluss einer Waschmaschine zu verwenden hätte, wissen alle Zuschauer bei einem Spiel bestens Bescheid, was der Trainer in einer bestimmten Situation entscheiden solle. Wahrscheinlich kommt diese „Expertise“ von dem vordergründig einfachen Spiel, dem eigentlich alle ohne Einschränkung folgen können, das aber längst nicht alle so lesen können, wie das ein Trainer können muss. Aber natürlich kommt es auch von dem unbändigen Wunsch aller Zuschauer, siegen zu wollen, was ja bei der Waschmaschine des Installateurs – anders als bei einem Spiel – mit großer Sicherheit der Fall sein wird. Aber der Ausgang von Spielen entzieht sich hartnäckig unserem persönlichen Wollen. Ein sehr prägnantes Beispiel sind Situationen im Strafraum, wo der Stürmer eigentlich nur das Bein richtig hinstellen muss, um das Tor zu machen, doch der Ball will nicht so recht und der Schuss geht in die Wolken. Immer dann meint man zu wissen, dass man das ja selbst (als Zuschauer) viel besser geschafft hätte. Auch das ist so ein Trugschluss. Niemand von uns auf der Tribüne kann auch nur ansatzweise das, was unsere Spieler können und leisten. Es ist ein bisschen so wie an einem Spieltisch mit hohen Einsätzen. Man muss erst einmal mit dem nötigen „Kleingeld“ ausgerüstet sein, um dort mitmischen zu können. Und beim Fußball muss man zuerst einmal lange, entbehrungsreiche, anstrengende und ungewisse Lehrjahre in den Jugendmannschaften hinter sich gebracht haben, um dann vielleicht in der Kampfmannschaft zu landen. Nur, wer das alles geschafft hat, sitzt am „Spieltisch des Fußballs“ und darf dann den Fuß zum Ball halten und den Ball in die Wolken dreschen.

Mehr Achtung vor der Professionalität

Wir haben Damir schon einige Male im Interview erlebt, aber nie war er so emotional und mitteilungsfreudig wie an diesem Abend. Es war ihm ein Anliegen, uns zu vermitteln, dass es ein komplexes Geschehen ist, von dem wir nur einen kleinen Teil, nämlich das Spiel am Sonntag, sehen. Alle Akteure, vom Masseur zum Spieler und zum Trainer sind Spezialisten auf ihrem Gebiet, so wie wir Zuschauer dasselbe auf dem unseren sind. Damir appelliert an die Zuschauer, diesem extremen Professionalismus eines Leistungssportlers mehr Respekt entgegen zu bringen.

Die Gefahr ist der Druck

Ich sehe als Gefahr, dass der Vorstand genau wie wir die Situation verfolgt aber gleichzeitig seinen Partnern verpflichtet ist, die – genauso wie wir – den Erfolg fordern. Mit dem Wechsel von Mike zu Damir hat sich der Vorstand etwas Luft verschafft, und durch die unangezweifelte Kompetenz von Damir hat dieser auch einen großen Kredit bei uns allen. Aber nicht alle sind so geduldig wie wir. Da gibt es einerseits einen schon fühlbaren Druck seitens des Fanblocks und anderseits eben auch einen Druck seitens der Werbepartner. Wenn der Vorstand in durchaus verständlicher Panik dem einen oder anderen Druck nachgibt und wieder einen Wechsel in den Trainerpositionen anpeilt, dann verlieren wir einen großartigen Trainer, der ebenso schwer zu ersetzen wäre wie es auch Zoki war. Natürlich vergleichen wir auch Zoki mit Damir. Zoki, der eher Emotionale, Kumpelhafte; Damir der eher intellektuelle Fußballprofessor. Jeder ein Spitzentrainer auf seine ganz persönliche Art. Wenn wir schon auf Zoki verzichten mussten, ist Damir aus unserer Sicht ein würdiger Nachfolger, von dem wir uns langfristig viel erwarten. Nur nicht die Geduld verlieren, lieber Vorstand!

Fredys und unsere Perspektiven

Immer wieder konnte man an diesem Abend durchhören, dass das Trainerteam in der nächsten Transferperiode nur ganz wenig Spielraum für Veränderungen hat. Im Sommer laufen nur zwei Verträge aus (ich hab’s kontrolliert, nach Transfermarkt ist es kein einziger) und erst im Sommer 2018 werden es 10 Verträge sein. d.h. auf der Front der Spielereinkäufe sind die Perspektiven derzeit verbaut. Mit neuen Spielern dürfen wir kaum rechnen, ist doch der Spielerstand von 29 um mindesten vier Spieler zu groß. Was allein wir erwarten dürfen, sind Heimkehrer, die derzeit anderswo Praxis sammeln und das sind Philipp Prosenik, Max Entrup und Paul Gartler. Gleichzeitig wird man wohl versuchen, Lösungen für den einen oder anderen Spieler zu finden, der zwar noch Vertrag hat aber mit dem man nicht plant – wie es so schön heißt. Daher konzentriert sich die Arbeit des Trainerteams auf die Basisarbeit, auf Dinge außerhalb der Personalfrage, auf Trainingsmethoden, Trainingsbedingungen, Infrastruktur usw.

Das Spieler“material“

Wir, die Zuschauer, bemängeln die geringe Trefferausbeute unseres „Sturms“. Damir analysiert, warum das so ist: er erinnert daran, dass bereits eine Generation besonder behüteter Kinder in die jeweiligen Kampfmannschaften aufsteigt. Kinder, denen Schwierigkeiten aus dem Weg geräumt wurden, deren größtes Abenteuer ein gefundenes Pokémon war. Wie soll also der junge Erwachsene an seine Grenzen gehen, die er nie erlebt hat? Sein Ziel ist das Spiel aber nicht das Tor. Alles, was leicht geht. Und man kann es ihm gar nicht vorwerfen. Wenn, dann müsste man es seinen Eltern vorwerfen; aber seien wir ehrlich, unsere Zeit ist einfach so. Man versucht als Eltern zu verhindern, dass ein Kind auf die Nase fällt; sowohl wirklich als auch im übertragenen Sinn. Von wo soll also der junge Spieler die Härte aufbringen, die in einer 1:1-Situation einfach nötig ist? Diese Situation hat auch damit zu tun, dass sich besonders viele Migrantenkinder auf unseren Fußballplätzem tummeln und dabei auffällig gute Leistungen bringen; wohl auch, weil sie in ihren Familien nicht so intensiv behütet werden. Das hat auch Fredy Bickel im Vergleich mit der Schweiz bestätigt. Dort gebe es Dörfer mit einem sehr hohen Anteil von ursprünglich Schwarzafrikanen, die aber allesamt Schweizer sind und die neue Qualität in die schweizerischen Ligen einbringen.

[Die Spieler müssen wissen, wohin sie gehören

Dass es dann Sportler gibt wie Tamás Szántó, die sich für die ungarische und gegen die österreichische Staatsbürgerschaft entscheiden, sollte man als Rapid nicht begünstigen, Begabung hin oder her. Denn über kurz oder lang ist Tamás ein Nachteil, weil er als Ausländer gewertet wird und dann keine Chance mehr auf einen Stammplatz hat. Wenn ein Spieler nicht weiß, wem er eigentlich seine Karriere zu verdanken hat, dann muss er auch die sportlichen Konsequenzen ziehen und für eine ungarische Auswahl spielen – solange diese Ausländerregel in der Bundesliga gilt.] [Anmerkung.]

Die „Dragan Wiese“

Die an diesem Abend mehrfach genannte „Dragan-Wiese“ im 22. Bezirk dient uns hier als Symbol für Dinge abseits des Kaders, die man verändern kann und an deren Veränderung man seitens des Trainerteams arbeitet. In der laufenden Woche gibt es nur ein einziges öffentliches Training. Wann und wo die anderen Trainings stattfinden, wissen wir nicht. Damir hat davon gesprochen, dass diese Trainingsanlagen oft den Charakter der „Dragan-Wiese“ im 22. Bezirk haben und das seien nicht Bedingungen, wie sie für Spitzenleistungen im Fußball benötigt werden. Auch spricht Damir über den fehlenden Heimvorteil. Rapid müsste eigentlich das eigene Spielfeld in Allianz-Stadion besser (viel besser) kennen als die jeweilige Auswärtsmannschaft. Aber schon bei unseren nächsten Gästen, dem RB-Team, könnte dieser Vorteil ganz bei den Gästen liegen. Denn Rapid kann genau so wie der Gegner nur ein einziges Training am Hauptfeld absolvieren, alle anderen Trainings seien eben auf einem Gelände mit der Qualität der „Dragan Wiese“. Und das bezieht sich nicht nur auf den vordergründig schlechten Zustand des Rasens sondern auch auf die Abmaße des Spielfeldes, die keineswegs denen im Allianz-Stadion entsprechen. Und Professionalität bedeutet eben, dass ein bestimmtes Werk mit reproduzierbarer Qualität hergestellt wird. Dazu müssen aber die Bedingungen beim Training möglichst jenen im Bewerb entsprechen. Es geht darum, dass die Trainingsplätze in ihren Dimensionen um viele Meter von den Stadionmaßen abweichen, dieser Umstand aber für die Präzision der Abläufe einen wesentlichen Anteil hat. Der Gegner aus Salzburg kann sich auf deren Trainingsgelände das Spielfeld des Allianz-Stadions exakt abstecken und Pässe und Laufwege genau auf diese Bedingungen abstimmen. Das alles sei bei Rapid derzeit nicht möglich, aber genau an diesen Stellen, würde das Trainerteam ansetzen und diese zu verbessern versuchen, weil eben an der Personalfront nichts bewegt werden kann.

Tormannfrage

So konkret wie wir (als Zuschauer) das zu formulieren pflegen, sagte das Helge nicht, aber es ist offensichtlich, dass seine Entscheidung für Tobias Knoflach als Einsertormann eine Veränderung ist, die eben im Rahmen des bestehenden Kaders möglich ist. Auch wir, als Zuschauer, sind über diese Entscheidung sehr erfreut, denn die Unsicherheiten von Richard Strebinger haben immer wieder an unserem Nervenkostüm gerüttelt. Was allein wir nicht verstehen, warum Helge diesen Wechsel nicht schon nach dem Spiel gegen Bilbao vorgenommen hat.

Zusammenfassung

In einem Satz zusammengefasst, würde ich sagen, dass das Trainerteam um mehr Wertschätzung für die professionelle Arbeit der Akteure geworben hat. Die typischen Zurufe des Publikums „hau eam ausse“, zeigen von wenig Verständnis für das komplexe Geschehen am Fußballfeld. Diesen durchaus berechtigten Wunsch der Trainer schließen uns wir mit der Bitte an, uns etwas mehr über das fußballerische Handwerk zu erzählen und sozusagen als Lehrer zu fungieren, um unser Wissen über den Fußballsport zu vertiefen. Wir freuen uns schon auf das nächste Zusammentreffen mit Damir bein Doppelpass am 16. März.

Links

Erinnerungsfotos

Helge Payer, Fredy Bickel, Christian
Janine, Damir Canadi

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