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Fußball hat eine große Zufallskomponente. Bayern, Manchester und Real werden auch nicht jedes Jahr Meister, obwohl dort alle Randbedingungen zu stimmen scheinen.

Der Mensch reagiert auf Niederlagen wie auf das schlechte Wetter. Es will ihm nicht in den Sinn gehen, dass acht Spiele ohne Sieg nichts Besonderes sind. Wir hatten auch einen schlechten Wetterstart in den Frühling aber es gab keinen Schuldigen, auf den man hätte zeigen können. 

Anders beim Fußball, denn dort gibt es offenbar nur Schuldige. Bei Rapid sind es: der Vorstand, die sportliche Leitung, die Spieler, einfach alle. Und daher gibt es einen Protestmarsch im Vorfeld des Spiels gegen Wiener Neustadt.

Ein bisschen erinnert die Szenerie an einen Wild-West-Film in dem die aufgebrachte Menge den oder die Schuldigen lynchen will, oder wenigstens an den Pranger stellen will. Der Mittelkreis würde sich gut dafür eignen.

Hexenverfolgungen sind auch so ein Phänomen. Sie waren eine unmittelbare Folge der Kleinen Eiszeit, die ab dem 15 Jahrhundert bei uns herrschte? Ein endlos scheinender Winter, Missernten, verzweifelte Menschen und man suchte Schuldige und fand sie. Viel von dieser Vergangenheit sitzt uns offenbar noch in den Knochen. Dazu kommt eine Portion fehlenden Mitgefühls, eine Überdosis an Egoismus, Narzismus und leider auch fehlendes Wissen rund um Wahrscheinlichkeiten und Statistik.

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Das ist die Negativ-Serie von Rapid im dritten Quartal der Meisterschaft.

Kein einziges Spiel mit mehr als einem Tor Unterschied. Und wir haben alle diese Spiele und die kritischen Szenen gesehen, wie knapp diese fehlenden Tore auf einen Sieg oder auf ein Unentschieden eben nicht gefallen sind obwohl alles angerichtet war: die Chance war da, das Können durchaus auch aber gefehlt haben Zentimeter. Wären diese Chancen verwertet worden, hätten wir statt heute vier ganze achtzehn Punkte mehr und würden sogar in der Griffweite der Austria liegen.

Diese Rechnung mit dem einzigen zusätzlichen Tor pro Spiel ist keine Phantasie sondern auch eine völlig plausible Ergebnisfolge, die durchaus den gebotenen Leistungen entsprochen hätte.

Dass diese paar Zentimeter nicht zu unseren Gusten sondern zu Gunsten der jeweiligen Gegner gefallen sind, liegt völlig im Ermessen des Fußballgottes „Zufall“ aber leider begünstigt durch ein völlig unangebrachtes Verhalten der Zuschauer; nicht nur der West sondern aller Tribünen.

Es gibt einen alten Ausspruch von Gerhart Hauptmann, der sinngemäß lautet, dass man jemanden, der am Boden liegt (er meinte Deutschland) aufrichten muss und ihm Mut zusprechen muss, statt ihn ständig zu demütigen. Das gilt für Kinder, für Staaten und auch für den Fußball. Meine These ist daher: wenn der Rückhalt der Zuschauer gegeben gewesen wäre, wir wären schon viel weiter. Da aber eine Stimmung herrscht, die ich vorher noch nie erlebt habe, kann die Mannschaft gar nicht anders. Es fehlen ihr zum Erfolg einige Zentimeter, die wir ihr geben könnten. Aber wir marschieren lieber.

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