ORF-Ritterspiele

Die Bezeichnung „Turnier“ für eine Fußball-Veranstaltung mit mehreren Mannschaften geht schon auf das mittelalterliche Ritterturnier zurück. Auch damals gab es Turnierordnungen und es ging nicht ohne Regeln ab. Heute, beim Spiel Frankreich-Irland hat uns Michael Roscher über die Gangart bei Ritterturnieren aufgeklärt. Auch sein Kollege Oliver Polzer outete sich vor einigen Tagen bei seinen Kommentaren als Mittelalter-Spezialist. Beide kommentierten eine Phase des Spiels, bei der ebendieses begann Fahrt aufzunehmen so, indem sie meinten, das Spiel würde jetzt – in Anlehnung an die mittelalterlichen Ritterspiele – mit „offenem Visier“ weitergeführt. Schauen wir uns das einmal an, wie so ein mittelalterlicher Helm ausschaut: helmet_285_13_b[1] Diese Abbildung stammt von der Seite avalon-mittelalter.com. Dort kann man einen solchen Helm (100-300,- Euro) oder auch gleich eine ganze Rüstung (2.000-4.000 Euro) kaufen. Links: geschlossen, kampfbereit, Rechts. offen, „Aufwärmphase“. Die beiden Kontrahenten sind auf dem Pferd aufeinander los geritten, eine Lanze in der Außenhand. Getrennt waren sie durch einen markierten Balken. Man versuchte, sich gegenseitig aus dem Sattel zu stoßen. Das folgende Bild stammt von einer ZDF-Seite und stellt ein Turniert aus der Zeit Kaiser Maximilians nach. data[1] Beim linken Ritter sieht man ganz deutlich, dass das Visier herunter geklappt ist. Aber das ist auch „ganz klar“, wie Herbert Prohaska sagen würde, denn wenn die gegnerische Lanze sich zufällig ins offene Visiert verirrt… Aber genau dazu ist ja das Visier da, um das Gesicht zu schützen. In der „Aufwärmphase“ kann also der Ritter sein Visier getrost hochgeklappt haben, um sich und das Pferd mit der schweren Rüstung anzufreunden. Wenn es dann aber ernst wird, wenn also „das Spiel Fahrt aufnimmt“, und beide aufeinander losreiten, dann muss das Visier runter. Es müsste also richtig lauten: „das Spiel wird mit geschlossenem Visier“ weiter geführt. Aber das soll jetzt nicht heißen, die Kommentare wären schlecht: im Gegenteil. Eine derart große Zahl völlig gleichartiger Ereignisse gleichbleibend interessant zu kommentieren ist eigentlich ein rhetorisches Kunststück, das schon einige Begabung und viel Vorbereitung erfordert.

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