Warum ein Fußballspiel nicht wie das Leben ist

Das Spielfeld ist für mich eine Version des Lebens, das wir aus unserem Alltag in dieser extremen Form erfolgreich und mit gutem Grund verdrängen.

Unser Alltag verläuft lange Phasen voraussagbar, ohne allzu hohe Tiefs und Hochs. Natürlich müssen wir uns zur Arbeit motivieren, vielleicht so, wie sich ein Spieler dazu motivieren muss, beim Training bei der Sache zu sein. Aber unser alltäglicher Wettbewerb spielt sich nicht im direkten Duell Mann gegen Mann ab wo es um Zehntelsekunden und um die spontane Handhabung unglaublicher Zufälle geht, die allesamt in die Bewertung einer Mannschaft eingehen, sondern unser Wettbewerb ist ein höchst indirekter über den Erfolg von Produkten oder Diensten. Wir strecken die Entscheidungen in die Zeit und können Entscheidungen am Papier – wie diesen Beitrag – revidieren und noch einmal schreiben. Kleine und große Fehler im Alltag können meist korrigiert werden (es herrscht ja Frieden) und eine Berichtigung ist wünschenswert.

Alles das können Spieler während des Spiels nicht, weil der Gegner (in Echtzeit) mitdenkt und jeden Fehler zu seinem Vorteil ausnutzt. Im täglichen Leben können wir weniger gute Ideen und weniger gute Konzepte verwerfen (auch das ist Arbeit) und nichts passiert.

Spieler können das nicht. Alles, was sie tun oder unterlassen, hat unmittelbare Folgen. Der Unterschied liegt in der zur Verfügung stehenden Zeit für Entscheidungen. Gute Fußballer müssen über eine große Portion spontaner Intelligenz verfügen (die man ihnen oft nicht ansieht) und die wir Nicht-Fußballer durch Nachdenken ersetzen können.

Ich schätze den Vergleich mit dem Leben, denn das Gleichnis macht den Fußball interessant; aber wenn das Fußballspiel (exakt) so wie das tägliche Leben wäre, dann wäre es langweilig und niemand würde es sehen wollen.

Fußball bietet uns für 90 Minuten einen archaischen aber formalisierten Überlebenskampf, den wir im täglichen Leben eben nicht (mehr) erleben. Und diese Bedingungen sollten wir uns für den Alltag nicht wünschen; denn das wäre Krieg.

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