Austria Amateure – Rapid II

1:1 (1:0)

Etwas Sonderbares ist die Anordnung der Spielerkabinen auf dieser neuen Anlage. Während sich die Heimmannschaft in einem isolierten Kammerl unter der Gästetribüne (!)  umzieht, befinden sich die Gäste und das Schiedsrichterteam im Hauptgebäude der Akademie. Die Folge ist, dass die Heimmannschaft bei Spielbeginn diagonal über das Spielfeld laufen muss, um danach gemeinsam mit den jeweiligen Gästen wider zurück zur Spielfeldmitte zu traben. Da die Anlage neu ist, hat man das so gewollt. Wie unpraktisch das situationsbedingt sein kann, zeigt eine Szene in den letzten Spielminuten, als sich ein Austrianer im Strafraum schwerer an der Schulter verletzt hat und unter nicht sehr freundlichen Schmährufen aus dem Rapid-Block in die darunter befindliche Umkleidekabine geführt wurde. Man kann von der Tribüne diese Strafraumszenen selten im Detail wahrnehmen und sicher kann auch der Schiedsrichter nicht alles sehen. Wer weiß, ob diese Verletzung nicht auch die Folge eines strafwürdigen Fouls gewesen ist. So hat der Gegner nicht nur den Schaden, sondern auch den Spott, weil das Publikum der Meinung war, das das Spiel absichtlich verzögert worden wäre. Dass die in der Tabelle vor uns liegenden Jung-Violetten im eigenen Stadion auf Konter spielten, zeigt die große spielerische Überlegenheit unseres Teams. Die Aufholjagd nach dem frühen Rückstand war wirklich schwierig und zermürbend. Mindestens 15 Abseitsstellungen wurden gegen Rapid II entschieden und gefühlt ebenso viele Corner konnten wir für uns verbuchen. Die vielen Abseitsentscheidungen veranlassten unseren Stadionsprecher Leo, die Spieler von der Tribüne aufzufordern, doch auf ihre Position zu achten. Zu Schutz unserer Spieler muss man anmerken, dass ein Abseits ein „Vergehen“ ist, das ein Stürmer in den meisten Fällen nicht einmal absichtlich begeht, weil er gar keine Chance hat, im vollen Lauf zu beobachten, auf welcher Höhe er steht. Weitere Details siehe Beitrag „Gegen die Abseitsregel“. Die erste Hälfte wurde um 6 Minuten verlängert, weil zwei Spieler nach einem Zusammenstoß mit den Köpfen länger verarztet und schließlich ausgetauscht werden mussten. Und kurz danach brachte der eingewechselte Toni Vastic die Violetten in Führung. Der Ball ging zwar an den Pfosten aber wie es der Zufall haben will, sprang er nicht wieder zurück ins Feld sondern ins Tor. Und gegen diesen Vorsprung ist Rapid in der Folge unermüdlich angerannt, bis zur 80. Minute, als der kurz zuvor eingewechselte Heinicker nach einem Missverständnis in der violetten Verteidigung den Ausgleich erzielte. Es war vielleicht kein allzu hochklassiges Spiel aber sehr kampfbetont und vielen gelben Karten auf der Seite des Gegner und – wie kann es anders sein – auch bei Andi Dober. Aus meiner Sicht schmeichelt das Remis dem Gegner.

Ambiente

Eigentlich wollte ich dieses kleine Derby gar nicht besuchen. Aber weil es im Bezirk ist… Ich kann von meinem Fenster bis zu dem Hochhaus am Monte Laa sehen, hinter dem sich das Spielfeld befindet. Davor sieht man das Porr-Haus, in der Mitte das beleuchtete Amalienbad und rechts das Hochhaus vom Eisenstadtplatz. Und so machte ich mich doch noch auf den Weg. Es ist für Gäste nicht sehr gemütlich dort, auf der Laaer-Berg-Straße. Der Gästebereich ist vom Rest des Stadions durch eine Absperrung getrennt. Toiletten und einen Kiosk gibt es im Gästebereich nicht. Zwei Mal musste ein Ordner Rapidlerinnen zur den Toiletten geleiten.

Eine Kiste Bier für die Gäste

Die „Kantine“ ist eine, ambulant über den Rasen gekarrte, Bierkiste. Alkoholfreie Getränke oder Speisen gibt es nicht. In der Pause gibt es auch das Bier nicht mehr, wahrscheinlich war es rationiert.

Unruhe

Üblicherweise verlaufen Spiele in der Regionalliaga unspektakulär – mit Ausnahme solcher kleinen Derbys, die Zuschauer anlocken, die offenbar nicht wegen des Spiels kommen, sondern um etwas auszuleben, das in meinen eigenen Genen unterentwickelt zu sein schein. Waren es beim der letzten Heimniederlage die entbehrlichen antisemitischen Äußerungen, die in der Folge zu Stadionverboten geführt haben, so waren es bei diesem Spiel ebenso entbehrliche Umstände, die ich hier als Unbeteiligter zusammenfasse: Der Besuch war für ein Spiel von Rapid II auffällig gut, etwa 300 Besucher wurden gezählt. Aber es waren Besucher da, die man sonst bei Spielen in der Regionalliga nicht sieht. Es war noch vor Spielbeginn oder in den Anfangsminuten, als mich ein Besucher fragte, ob ich ihm meine Eintrittskarte geben kann, er würde sie sammeln. Zunächst hat mich nicht gewundert, dass er eigentlich selbst eine Karte haben müsste, vielleicht ging es ihm beim Sammeln ja auch um die Menge der Karten. Zur Sicherheit habe ich die Karte fotografiert, bevor ich sie ihm schenkte – und gut war’s! Für normal Sozialisierte ist eine Absperrung eben eine solche; aber nicht für etwa sechs großgewachsene, äußerlich nicht als Rapidler deklarierte Burschen, die den bei der Absperrung stehenden Ordner einfach übergangen sind und sich auf den Weg Richtung gegnerischer Fantribüne machen wollten. Sie kamen aber nicht weit, denn nach einigen Metern wurden sie von zwei Polizisten wieder zurückgedrängt. Und es dauerte nicht lang, dass die Dichte der Polizisten größer wurde, bis schließlich gegen Spielende wir von etwa 25 bewehrten Polizisten und Wega-Beamten umringt waren, wodurch die Sicht auf das Geschehen am Spielfeld stark beeinträchtigt wurde. Die Menge der Polizisten steigerte sich ziemlich und erreichte schon fast die Zahl der Besucher (siehe Bilder, bitte unbedingt  Bericht und Bilder von Brucki anschauen!). Man weiß nicht recht, ob man es Glück oder Pech nennen soll, dass wir durch die Polizeipräsenz keine entscheidenden Szene verpasst haben, denn es blieb schließlich beim 1:1. Beim Ausgang entwickelte sich ein Stau, weil die Eintrittskarten kontrolliert wurden. Da ich meine hergeschenkt habe, benutzte ich das Bild von der Kamera, um rauszukommen und das ist auch problemlos gelungen. Es war wohl weniger dem Bild, sondern eher meinem fortgeschrittenen Alter zuzuschreiben, dass ich raus konnte. Ich passte nicht in das „Beuteschema“ der Polizei. Vor dem Ausgang stand eine lange Reihe von Polizeifahrzeugen, die offenbar im Verlauf des Spiels angefordert wurde, weil sich größere Gruppen getarnter, und durchaus rauflustiger“Rapidler“ Zugang verschafft haben, ohne zu zahlen; daher auch die Kontrollen. Ja, diese anarchischen Gruppen werden auch zu Rapid gezählt und ihre eigene Rechtshilfe erzählt ihnen leider zu wenig, dass man als Besucher einer Veranstaltung den geforderten Eintrittspreis zu bezahlen hat. Und wie wir aus allen diesen Erlebnissen ableiten können, wird es wohl weniger um den Eintrittspreis gehen als um das Nicht-Akzeptieren-Wollen von Regeln.

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Abschied

Um eines beneide ich unseren Gegner, um sein Abschiedslied „Viola per Sempre“; nicht um die Strophen (die man als fußballhistorisches Zeitdokument verwenden kann), nein um den Refrain geht’s mir, denn in diesem sehr melodiösen Teil werden sehr geschickt verminderte Akkorde*) eingesetzt, wie man es auch von Wienerliedern kennt. Es ist ein elegisches Lied, das man nach einer Niederlage genau so gut spielen kann wie bei einem Erfolg. Es wirkt insgesamt versöhnlich. Und weil er in diesem Lied auch eine der Strophen spricht, hier im Bild Andi Ogris auf der Trainerbank: *) Ein verminderter Akkord besteht drei kleinen Terzen. Aufbauend auf dem C sind das: C-Dis-Fis-A. Es gibt nur drei verschiedene solcher Akkorde: C, Cis, D. Danach folgt Es und das ist bereits Teil des ersten Akkords. Ein solcher Akkord steigert einerseits die Spannung, ist aber selbst kein abschließender Akkord sondern verlangt von seinem Charakter nach eine danach folgenden Auflösung, ähnlich wie die Septime. Im Wienerlied wird der verminderte Akkord  meist als die letzte Steigerung innerhalb einer Strophe verwendet, um also einen bestehenden Klangeindruck noch zu übertreffen.

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