Letzte Worte
Meine Tante Milada war seit ihrer Jugend Rapid-Anhängerin. Sie besuchte mit uns vier Jahre lang, zwischen 2008 und 2012 jedes Heimspiel. Und auch nachdem sie wegen einer Venenerkrankung nicht mehr ins Stadion kommen konnte, verfolgte sie die Aktivitäten von Rapid über unsere Berichte, Bilder und auch über das Rapid-Magazin. Ich begleitete meine Tante während der letzen Jahre und erzählte ihr immer wieder, wie es ihrer Mannschaft erging, ein Thema, das sie bis zuletzt interessierte. Nun ist diese Zeit vorbei und ich verabschiede sie mit einem Text, der ihre Nähe zu Rapid illustriert.Letzte Worte
Wenn ein Mensch stirbt, versinkt mit ihm eine ganze Welt und nur wenige können darüber berichten. Ich berichte hier über Milada, die letzte, meiner Verwandten, die noch die Welt meiner Kindheit gekannt hat. Meine Tante Milada und mein Onkel Ludwig waren in den 50er Jahren regelmäßige Besucher der Pfarrwiese. Hier ist ein Bild von ihrer Hochzeit aus dem Jahr 1957:

Es war um das Jahr 2008. als neben unseren Abositzen in St. Hanappi ein Platz frei geworden ist und Florian und ich beschlossen, diesen Platz unserer Tante zu schenken, weil wir wussten, dass sie eine besondere Nähe zu Rapid hatte. Und so war es. Wenigstens vier Jahre lang besuchte sie mit uns jedes Heimspiel von Rapid. Sie fühlte sich in dieser Umgebung wirklich in ihre Jugend zurückversetzt. Hier ein Bild vom 1. August 2010 vom Spiel Rapid-RedBull (2:1) auf den Stiegen vom Abgang 4 im Hanappi-Stadion. (vlnr.: Franz, Milada, Florian)

Um den ersten April 2016 besuchte ich sie im Pflegeheim Obezellergasse. Sie war nach einem Oberschenkelhalsbruch und einer Beinamputation schon sehr geschwächt und hat mich nicht mehr erkannt. Ich wusste nicht recht, was ich ihr sagen sollte. In diesen Tagen arbeitete ich auch an meiner Bildersammlung und dazu gehören auch historische Bilder von Rapid-Spielern. Ich suchte daher bei meinem Besuch auf meinem Handy die Bilder-Seite und dort ihren ehemaligen Mitschüler Walter und zeigte ihr das Bild. Hier ist der direkte Link zu dieser Seite.

Ich habe versucht, ihre Zugehörigkeit zur Tschechischen Minderheit in Wien und ihre Nähe zum Sport (sie war aktives Mitglied beim tschechischen Turnverein Sokol und Rapid-Anhängerin) auf der Parte festzuhalten:

Die Tschechen in Wien kommunizieren über die Zeitung „Vídeňské Svobodné Listy“ („Wiener freie Blätter“ des Minderheiterats der Tschechen und Slowaken in Österreich). Die Redaktion war so freundlich, mein nicht mehr so ganz vorhandenes schriftliches Tschechisch aufzupolieren und hat die Formulierung der Parte übernommen, die ich dann ins Deutsche übertragen habe. Der obige Text hat ihnen aber so gefallen, dass sie ihn in den redaktionellen Teil der aktuellen Ausgabe übernommen haben. Hier dieser Text in der tschechischen Übersetzung:
Poslední slova
Když zemře člověk, ztratí se s ním celý svět a jen někteří mohou o tom mluvit. Píši zde o Miladě, poslední z mých příbuzných, kteří znali ještě svět mého dětství. Moje teta Milada a můj strýc Ludvík byli v 50 letech pravidelnými návštěvníky Pfarrwiese. Zde je obrázek z jejich svatby v roce 1957:
Mohlo to být někdy v roce 2008. Vedle našich abonentních míst na stadionu Hanappi se uvolnilo jedno místo. Florian a já jsme se rozhodli, že ho věnujeme tetě. Věděli jsme, že je jí Rapid obzvláště blízký. A taky to tak bylo. Minimálně čtyři roky tam chodila s námi na každý domácí zápas Rapidu. V tomto prostředí se cítila jako za mlada. Fotografie z 1. srpna 2010 na schodišti východu číslo 4 na stadionu Hanappi (hrál Rapid-RedBull 2:1) zachycuje zleva mně – František, Miladu a Floriana.

Někdy kolem 1. dubna 2016 jsem ji navštívil v pečovatelském domě Obezellergasse. Po zlomenině nohy a amputaci byla již slabá a už mne nepoznávala. Nevěděl jsem, co jí mám říct. V tom období jsem zpracovával moji sbírku fotografií a k ní patří i historické fotografie hráčů Rapidu. Při mé opětovné návštěvě jsem na svém mobilu vyhledal sadu fotografií a ukázal jsem jí obrázek jejího bývalého spolužáka Waltera. Tady je jeho fotografie.

2 Antworten zu “Letzte Worte”
Die Tschechen in Wien sind eine verschworene Gemeinschaft. Ich bezeichne sie als eine Parallelgesellschaft aber in einem ganz und gar positiven Sinn. Wer das nicht kennt, glaubt es kaum, dass in Wien eine wenig beachtete Welt existiert, die in zwei Kulturen zu Hause ist. Es gibt Gemeinsamkeiten mit den Zuwanderern von heute aber auch viele wichtige Unterschiede.
Ein wichtiger Unterschied ist der ungleiche Zugang zu Bildung und ein weiterer Unterschied kommt in dem obigen Bericht zum Ausdruck. Meine Tante war nicht Anhängerin von Sparta Prag, nein sie war Anhängerin von Rapid-Wien. Sie war das nicht heute, sie war es ein Leben lang. Und das zum Beispiel unterscheidet die Wiener Tschechen von den Wiener Türken.
Der Unterschied in der Bildung besteht darin, dass die Tschechen eigene Schulen betreiben und ihre Kinder selbst an die deutsche Sprache heranführen.
Während die einen, die Tschechen, loyale Österreicher sind, zweifle ich das in großen Teilen der türkisch-stämmigen Bevölkerung an. Und Fußball ist ein Indikator dafür. Wenn nämlich ein Länderspiel Österreich-Türkei zu einem Auswärtsspiel für Österreich ausartet. Es gibt bei solchen Events auch Anzeichen von Integration, wie in unserem Bericht zu diesem Spiel zu lesen ist, aber das Gros der Besucher gibt sich türkisch-national, trotz österreichischer Staatsbürgerschaft.
Tut mir sehr leid, lieber Franz! Es ist immer schwer, jemanden zu verlieren, auch wenn derjenige sein Leben gelebt hat, so wie du es von deiner Tante beschreibst… LG aus dem Burgenland, Kerstin