Dem Volk aufs Maul schauen

Das Originalzitat „Dem Volk aufs Maul schauen“ stammt aus dem Jahr 1530 und ist von Martin Luther. Dass man dem Volk auch „nach dem Maul reden“ kann, ist in der Politik weit verbreitet, aber das ist hier nicht das Thema. In diesem Beitrag soll es darum gehen, dass Marketing sich populärer Ausdrücke bemächtigt und dadurch eine Art Rückkopplung zwischen dem Jargon und der Lebensart der Kunden und der Botschaft am Produkt hergestellt wird und das wieder zur Kundenbindung beiträgt und natürlich auch die Verkaufszahlen erhöht.

Am Würstelstand

Bei einem Wiener Würstelstand: „A Eitrige mit an Krokodü, an G’schissenen und an 16er Blech – oba Jenifer.“ Alles klar? Nein? Dann bitte die Übersetzungshilfe am Ende des Beitrags benutzen. Das Ottakringer Marketing hat den aufgelegten Querpass aufgenommen und ihn in ein Produkt umgesetzt, das „16er Blech“. Robert Sedlaczek berichtet darüber in der Wiener Zeitung vom 13.3.2007 unter dem Titel „Das 16er Blech macht Karriere“. Marketing braucht Ideen und eine davon ist, „dem Volk aufs Maul zu schauen“ und sich des genialen Einfalls eines unbekannten Wortschöpfers zu Nutze zu machen. Eine Biersorte zum „16er-Blech“ zu küren, ist einer jener Meilensteine, die das „Ottakringer“ zu einer „Weltmarke in Wien“  gemacht hat und mittlerweile sogar das legendäre Schwechater, das wir noch aus den Mundl-Folgen kennen, klar in der Gunst der Biertrinker distanziert hat.

Bei Rapid

Als wir vor 10 Jahren unsere erste Fahrt ins Fußball-Mekka England antraten, kamen wir mit vielen Eindrücken nach Hause. Einer davon war, dass es natürlich eindrucksvoll ist, einen Fanshop mit 24 Kassen wie in Manchester zu erleben, anderseits aber das dortige Angebot nicht mit den phantasievollen Kreationen von Rapid Schritt halten konnte. Etwa das legendäre „Wir sind Rapid – und wer seid ihr?“ oder das anlassbezogene T-Shirt nach dem 7:0 gegen RB oder die Entwürfe mit historischen Bezügen „I fahr‘ nach Hütteldorf, heut‘ spielt Rapid“. Wir haben alle solche kreativen Meisterwerke in unseren Sammlungen. Etwas Ähnliches findet man in England nicht. Mein Eindruck ist, dass hier die „Ottakringer“-Methode angewendet wird, dass also die Rapid -Kreativ-Abteilung besonders populäre Sager aufgreift und in einem Fanartikel „vergoldet“. Zuletzt zum Beispiel in dem Sujet: „LBS-SCR“, nach dem Schlussgesang in vielen Heimspielen „Rapid Wien – Lebenssinn“ oder dem populären Sager von Mario Sonnleiter „Europäische Weltklasse“. oder hier: „Unsere Farben regieren die Stadt, in Wien regiert der SCR“ Bereits als der alte Fanshop und dann der Fancorner eröffnet wurde, fiel mir auf, dass man das Innere so gestaltet hat, dass man es hätte mit einem Keller eines Fanklubs verwechseln können. Hier eine Szene aus dem alten Fanshop mit Peter Pacult. Im Hintergrund der Slogan „Hier regiert der SCR“. Die Wände zeigen Ziegel hinter abbröckelndem Putz und aufgemalte Graffiti. Diese Linie setzt sich im neuen Fanshop fort: Bei der Mitgliederversammlung wurde stolz berichtet, dass man im Merchandising die Vier-Millionen-Grenze überschritten habe. Rapid vermarktet Ideen der Kunden; besser geht’s nicht, außer vielleicht mit einem Titel.

Würstelstand-Jargon

Eitrige Käsekrainer
Krokodü, Adaxl Gurkerl
G’schissener Kremser Senf
16er Blech Dose Ottakringer
tschenifer schnell*)
Glasaug  Perlzwiebel
Bugl Scherzerl
Öliger, grüne Mamba Ölpfefferoni
Oaschpfeiferl scharfer Pfefferoni
Hüsn Flaschenbier
Batz Senf
Heidl Burenwurst

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